Ex-Neonazi packt aus

Philip Schlaffer zu Besuch in St. Augustin

Do, 4. Nov. 2021

Philip Schlaffer gehörte 20 Jahre der rechtsextremen Szene an. Vor fünf Jahren ist er ausgestiegen und tourt durch Deutschland, um in Schulen und in Vorträgen aufzuklären. Wir haben ins mit ihm getroffen. Mehr dazu auch in unserem Podcast.

Philip Schlaffer - Ex Neo-Nazi 
„Aber zur Überraschung, ist es wirklich so, ich bin gut behütet aufgewachsen…“

20 Jahre verbringt Schlaffer in der Szene, später ist er in der organisierten Kriminalität zuhause.
2016 steigt er aus - Schlaffer, der Ex Neo-Nazi und Ex-Rockerboss, tourt jetzt durch Deutschland, um seine Geschichte zu erzählen.
Auch im Gemeindezentrum St. Augustin war er zu Gast.

Philip Schlaffer - Ex Neo-Nazi
„Ich bin mit meinen Eltern ausgewandert in jungen Jahren, kam zurück, hatte keinen Anschluss mehr an Freunde, bin dann langsam in der Schule gescheitert, von der Schule geflogen, hatte dann sehr viel Stress mit meinen Eltern, keinen Anschluss mehr bekommen. Und ich war einfach wütend gegen die Gesellschaft, Leistungsdruck, keine Freunde.“

Philip fühlt sich als Außenseiter, weder die Eltern noch die Schule geben ihm Halt. Die Neonazi-Szene gibt ihm das Gefühl dazu zu gehören, endlich kein Opfer mehr zu sein.

Philip Schlaffer - Ex Neo-Nazi
„Und ich wurde dann aufgenommen wirklich bei einem Freundeskreis, der sich dann auch mit Musik beschäftigt hatte, mit wütender, aggressiver Musik und dann bin ich recht schnell zum Rechtsrock gekommen, da habe ich dann mein erstes Weltbild herbekommen und fand das am Anfang auch wirklich super.“

Philip radikalisiert sich schnell und verändert sich in dieser Zeit auch optisch.
Er gründet die ‚Kameradschaft Werwölfe Wismar‘ und vertreibt Rechtsrock im Internet.

Philip Schlaffer - Ex Neo-Nazi
„Ich habe ganz viele unterschiedliche Stationen durchlaufen, war auch zwischendurch mal so Heide und habe mich auf das Völkische bezogen, dann habe ich mich mal als Neo-Nazi bezeichnet als Nationalsozialist, aber was immer war, war immer der Rassismus war immer da, der Antisemitismus war immer da und geht immer um einen Umsturz, im die Demokratie hinaus zufegen, und dass man die Macht übernehmen will. Und wenn es nicht über Parlamente dann über Gewalt und da braucht mir kein anderer was erzählen, der in dieser Szene ist.“

Nach einem Mord im Milieu wendet er sich zwar vom Neonazi-Umfeld ab, er bleibt aber kriminell. Er setzt seine Laufbahn als Boss des berüchtigten Rockerclubs Schwarze Schar Wismar fort. 2014 wird er inhaftiert und nach zwei Jahren entlassen. Im Gefängnis macht er eine Therapie. Die Inhaftierung alleine, sagt er, habe ihn aber nicht zum Ausstieg bewegt. 

Philip Schlaffer - Ex Neo-Nazi
„Ich hatte natürlich auch menschliche Enttäuschungen, ganz viele Enttäuschungen bietet diese Szene. Am Anfang, da denkt man ‚wir sind die Guten, alles ist gut und schön und groß.‘ Nachher erlebt man, dass das dann auch ein Kampf um Macht ist, Gewalt untereinander und ich als Mensch war eine Enttäuschung, aber ich hatte auch mit ganz vielen anderen Menschen eine Enttäuschung.“

Heute ist Philip Schlaffer zurückgekehrt in das bürgerliche Leben. Es ist ein normales Leben ohne Hass und Gewalt. 

Philip Schlaffer - Ex Neo-Nazi
„Und ich glaube, dass besonders wenn man Begegnungen hat, und die hatte ich die ersten 20 Jahre gar nicht mit Menschen, die lösen Vorurteile auf und das habe ich sehr intensiv gemacht. Ich habe heute einen sehr bunten Freundeskreis. Ich bin mit Menschen mit Migrationshintergrund befreundet, mit Muslimen, ich zwei Menschen mit Behinderungen in meinem Freundeskreis und das macht es dann sehr bunt und dann kann man auch nicht mehr so richtig hassen.“

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